Kommission zur Reform des Wahlrechts und zur Modernisierung der Parlamentsarbeit
KOMMISSION ZUR REFORM DES WAHLRECHTS UND ZUR MODERNISIERUNG DER PARLAMENTSARBEIT
Am 16. März 2022 hat der Deutsche Bundestag auf Grundlage des § 55 Bundeswahlgesetz die Einsetzung einer Kommission zur Reform des Wahlrechts und zur Modernisierung der Parlamentsarbeit beschlossen (Bundestagsdrucksache 20/1023). Nach Vorlage des Zwischenberichts am 1. September 2022, Bundestagsdrucksache 20/3250, hat die Kommission mit ihrem Abschlussbericht „Unterrichtung durch die Kommission zur Reform des Wahlrechts und zur Modernisierung der Parlamentsarbeit“ vom 12. Mai 2023, Bundestagsdrucksache 20/6400, ihre Arbeit nun beendet.
Aufgabe der Kommission sollte es sein, sich auf der Grundlage der Prinzipien der personalisierten Verhältniswahl mit Maßnahmen zur effektiven Verkleinerung des Bundestages in Richtung gesetzlicher Regelgröße zu befassen und Empfehlungen zu erarbeiten, die eine gleichberechtigte Repräsentanz von Frauen und Männern im Deutschen Bundestag ermöglichen. Ein weiterer Schwerpunkt war die Modernisierung der Parlamentsarbeit. Hier befasste sich die Kommission zum Beispiel mit Möglichkeiten der Digitalisierung und Bürgerbeteiligung. Weitere Themen waren die Absenkung des aktiven Wahlalters auf 16 Jahre, die Dauer der Legislaturperiode und die Begrenzung von Amts- und Mandatszeiten, Bündelung von Wahlterminen in Bund und Ländern, die Aufwertung des Wahltages, Auswirkungen von vermehrter Briefwahl, erleichterte Ausübung des Wahlrechts durch im Ausland lebende Deutsche, Wahlprüfung und formale Vorgaben bei der Durchführung von Wahlen, Veröffentlichung von Wählerbefragungen sowie die Themen Wahlkreiskommission und Wahlkreiszuschnitt.
Der AfD-Obmann in der Kommission und zugleich alleinige Vertreter unserer Fraktion, Albrecht Glaser und sein Team, erarbeiteten umfangreiche Sondervoten und Einbringungen – immer da, wo man der Mehrheitsmeinung der Kommission nicht folgen konnte – und brachten somit viele eigene Anregungen und Gedanken ein. Zu allen aufgerufenen Themenfeldern erarbeitete die Kommission schließlich Empfehlungen. Die AfD-Fraktion stellte eigene hinzu und begründete ihre Auffassungen und Positionen stets fundiert.
Die 26 Mitglieder der Kommission setzten sich aus dreizehn Abgeordneten und einer gleichen Anzahl von Sachverständigen zusammen. Alle Mitglieder hatten Stimmrecht. Albrecht Glaser brachte die AfD Positionen mit umfassendem Sachverstand und Nachdruck ein. Folglich enthält der Zwischenbericht zu fast allen behandelten Themen Sondervoten. Der AfD-Abgeordnete empfahl zum Beispiel den Gesetzentwurf der AfD-Fraktion zur Änderung des Bundeswahlgesetzes aus der vergangenen Wahlperiode (Bundestagsdrucksache 19/22894), den er als Reformvorschlag in die Kommission eingebracht hatte, unverändert anzunehmen. Diesen brachte die Fraktion schließlich leicht angepasst in das Plenum als Gegenentwurf zum Koalitions-Entwurf, der zwischenzeitlich Gesetz geworden ist, ein (vgl. Bundestagsdrucksache 20/5360).
Der AfD-Obmann in der Wahlrechtsreformkommission des Bundestages kritisierte unter anderem auch die Pläne einer Absenkung des Wahlalters für das aktive Wahlrecht auf 16 Jahre und die offenbar geplante Verlängerung der Bundestagslegislatur von 4 auf 5 Jahre.
Glaser zum Wählen ab 16 Jahre in seiner Presseerklärung vom 23. September 2022 zum Europawahlrechtsänderungsgesetz: „Der Ampel-Vorschlag ist als weiteres Gesetzes-Geschütz zu deuten, das auch gegen das derzeitige Bundestagswahlrecht ab 18 Jahren in Stellung gebracht wird. Das Bundestagswahlrecht wird weiter umzingelt: Bereits jetzt ist Wählen ab 16 Jahren in der Mehrzahl der Bundesländer bei Kommunalwahlen erlaubt, bei Landtagswahlen mit steigender Tendenz und Stand April dieses Jahres bisher in sechs Bundesländern. Die von der Regierungsmehrheit geplante Ausweitung dieses Trends auf Europawahlen würde weiteren Druck auf das Bundestagswahlrecht ausüben. Dieser ist ohnehin aufgrund eines behaupteten gesellschaftlichen Trends und diesen flankierenden politischen Maßnahmen wie § 55 Bundeswahlgesetz, Kommissions-Einsetzungsbeschluss des Bundestages (Bundestagsdrucksache 20/1023), Kommissions-Zwischenbericht (Bundestagsdrucksache 20/3250) und Regierungskoalitionsvertrag zwischen SPD, Bündnis90/Die Grünen und FDP sehr groß.“
Der AfD-Vertreter betont die eindeutig ideologische Getriebenheit des Ampel-Vorhabens auf Bundesebene mit 16 wählen zu lassen, obwohl das Grundgesetz das aktive Wahlrecht aus gutem Grund an die Vollendung des 18. Lebensjahres anknüpft. Wählen ab 16 setzt nach Glaser eine angemessene Einschätzung staatlicher und demokratischer Prinzipien und Zusammenhänge voraus. Gleichzeitig aber sind minderjährige und zivilrechtlich unter elterlicher Sorge stehende Wähler weder voll geschäftsfähig noch werden sie auf der Rechtsfolgenseite im Strafrecht wie Erwachsene behandelt. Hinzu kommt nach Auffassung Glasers, dass in nur wenigen Staaten ein aktives Wahlrecht für unter 18-Jährige gilt, zu nennen sind hier u.a. Nordkorea, Nicaragua und Kuba. Ist das Votum der Ampel für ein Minderjährigen-Wahlrecht etwa schlicht darin begründet, ihr vermutetes Wählerpotential zu steigern?
Aus Sicht der AfD-Fraktion sollte es kein aktives Wahlrecht für Minderjährige geben; deshalb hat die AfD-Fraktion auch gegen den Gesetzentwurf der Ampel zur Einführung des aktiven Wahlrechts ab 16 Jahren bei Europawahlen gestimmt. Gleiches würde sie in Bezug auf die Absenkung des Bundestagswahlalters tun.
Auch das Thema Parität ist kritisch zu betrachten. Obmann Glaser führte in seinem Sondervotum dazu vielschichtig aus, u.a. dass es auch das Recht auf Nichtbetätigung geben müsse. Politisches Engagement sei nicht zwanghaft herbeizuführen.
Gründe für abweichende Verhaltensweisen bei den biologischen Geschlechtern sieht der AfD-Vertreter vorrangig in unterschiedlichen Motiven des jeweiligen Individuums, weniger in strukturellen Gegebenheiten. Deshalb können freiheitlich organisiert auch keine Parteien und Parlamente entstehen, die einer statistischen Abbildung der Geschlechterzusammensetzung der Bevölkerung entsprechen.
Glaser merkt ergänzend an: „In Deutschland gibt es bei rund 61 Millionen Wahlberechtigten ca. 1,2 Millionen Mitglieder in politischen Parteien. Das bedeutet, dass rund 60 Millionen Bürger und Bürgerinnen nahezu niemals die Chance hätten, ein Parlamentsmandat zu erringen und dies deshalb, weil sie nicht in die Arena treten, was ihr gutes Recht ist. Dafür gibt es eine Fülle von Motiven, welche die Politik im Zweifel nicht zu interessieren hat. Angesichts dieser Zahl der Chancenlosen ist es ein Glasperlenspiel darüber zu räsonieren, wie die Bevölkerung sozio-demographisch oder geschlechtlich zusammengesetzt ist und dann zu versuchen, bei denen, die in die Arena gehen, eine fiktive Abbildung der Bevölkerungsstruktur nachzubilden für eine Quotenphilosophie zur Vergabe von Parlamentsmandaten.“
Für die AfD-Fraktion gilt: Der Souverän der Demokratie ist das Staatsvolk. Teil dieses Staatsvolkes sind alle Bürger, unabhängig von ihrem Geschlecht, mit grundsätzlich gleichem Teilhaberecht. Es gibt nicht mehrere Staatsvölker. In welchem Umfang und ob überhaupt die Rechtsinhaber von ihren Rechten Gebrauch machen, ist eine individuelle und freiheitlich getroffene Entscheidung. Eine vormundschaftliche Ersatzvornahme der Rechtsausübung durch den Staat beziehungsweise in Form einer Quotierung von Teilgruppen des Souveräns muss nach Ansicht des AfD-Obmanns insoweit als antidemokratisch angesehen werden. Es handelt sich um ein Missverständnis dessen, was den politischen Prozess ausmacht. Quotenregelungen für Parlamente sind undemokratisch und zielen an der Sache vorbei.
Auch auf die massiv gestiegenen Zahlen von Briefwählern wurde seitens Glasers hingewiesen; vor allem auf die damit verbundenen Gefahren. Viele andere Kommissionsmitglieder sahen darin leider kein größeres Problem. Die AfD-Fraktion plädiert für eine Begrenzung der Anzahl von Briefwählern. Die Urnenwahl am Wahltag sollte qualitatives und quantitatives Hauptelement des Wahlaktes unserer repräsentativen Demokratie bleiben. Dadurch würde zugleich das Bewusstsein geschärft, das lebendige Demokratie aktives und manchmal gegebenenfalls auch unbequemes Mitwirken erfordere. Des Weiteren würde zugleich missbräuchlichen Trends und Gefahren vorgebeugt.
In Sachen etwaiger Bundestags-Wahlprüfungsverfahren empfiehlt Glaser im ersten Prüfgang (Einspruchsstufe) ein ausschließlich aus Berufsrichtern bestehendes Wahlprüfungsgericht einzuführen. Auf der zweiten Prüfebene (Beschwerdestufe) könne dann das Bundesverfassungsgericht angerufen werden.
Viele weitere Anmerkungen, Voten etc. der AfD-Fraktion bzw. ihres Obmanns sind in Zwischen- und Abschlussbericht der Kommission zu finden (z.B. Gesetzgebungsverfahren entschleunigen – längere Fristen einführen; Begrenzung der Amtszeit des Bundeskanzlers; Senkung der Toleranzgrenzen bei Wahlkreiseinteilungen; Debattendauer erhöhen; Einführung von Volksabstimmungen; Beibehaltung des Auseinanderfallens der Wahltermine unterschiedlicher staatlicher Einheiten; Begrenzung der Mandatszeiten unter Verweis auf den lebendigen Politikbetrieb innerhalb der Parteien und die Einflussmöglichkeiten durch die Wähler).