Pflanzenschutz sichert Ernten – Verfügbarkeit von Pflanzenschutzmittelwirkstoffen gewährleisten und gute fachliche Praxis im Pflanzenschutz erhalten

Pflanzenschutz sichert Ernten – Verfügbarkeit von Pflanzenschutzmittelwirkstoffen gewährleisten und gute fachliche Praxis im Pflanzenschutz erhalten

Berlin, 20. September 2022. Pflanzenschutzmittel sind chemisch oder biologisch hergestellte Wirkstoffe, die in der Landwirtschaft eingesetzt werden, um unerwünschte Organismen wie Schädlinge und Unkräuter zu bekämpfen (https://www.juliuskuehn.de/pflanzenschutz/pflanzenschutzmittel/). Sie werden angewendet, um Pflanzen zu schützen und Ernten zu sichern (https://www.bmel.de/DE/themen/landwirtschaft/pflanzenbau/pflanzenschutz/pflanzenschutzmitteleinsatz-reduzieren.html). Seit 1987 ist der sogenannte integrierte Pflanzenschutz als Leitbild des modernen Pflanzenschutzes im deutschen Pflanzenschutzgesetz verankert und gehört zur guten fachlichen Praxis bei der Durchführung von Pflanzenschutzmaßnahmen.

Der integrierte Pflanzenschutz ist eine Kombination von Verfahren, bei denen unter vorrangiger Berücksichtigung biologischer, biotechnischer, pflanzenzüchterischer sowie anbau- und kulturtechnischer Maßnahmen die Anwendung chemischer Pflanzenschutzmittel auf das notwendige Maß beschränkt wird (§ 2 Nummer 2 des Pflanzenschutzgesetzes vom 6. Februar 2012). Die Entscheidungsgrundlage für die Anwendung von Pflanzenschutzmaßnahmen erfolgt stets nach dem sogenannten Schadschwellenprinzip, d. h. es wird erst bekämpft, wenn der zu erwartende wirtschaftliche Schaden voraussichtlich höher als die Behandlungskosten ist. Dabei handeln Landwirte stets nach dem Grundprinzip „So viel wie nötig und so wenig wie möglich“ (https://www.nap-pflanzenschutz.de/integrierter-pflanzenschutz/). Weitere Einsparpotentiale von bis zu einem Viertel der derzeit ausgebrachten chemischen Pflanzenschutzmittel ergeben sich durch neue und innovative Technologien, die die zielgenauere Ausbringung ermöglichen (https://www.agrarheute.com/management/betriebsfuehrung/markt-fuer-duenger-pflanzenschutz-krisenmodus-593490). Das deutsche Pflanzenschutzgesetz schreibt die Pflicht zur Sachkunde vor. Jeder, der beruflich Pflanzenschutzmittel anwendet, verkauft oder über sie berät, muss den bundeseinheitlichen Pflanzenschutzsachkunde-Nachweis vor Aufnahme der jeweiligen Tätigkeit besitzen (https://www.pflanzenschutz-skn.de/dislservice/faces/index.xhtml). Sachkundige haben darüber hinaus die Pflicht, sich regelmäßig innerhalb von Dreijahreszeiträumen auf einer anerkannten Fortbildung über die Entwicklung im Pflanzenschutz fortzubilden (https://www.landwirtschaftskammer.de/Landwirtschaft/pflanzenschutz/sachkunde/index.htm). Auf diese Weise wird das erforderliche hohe Fachwissen bei Landwirten dauerhaft sichergestellt und der verantwortungsbewusste Umgang mit Pflanzenschutzmitteln gewährleistet. Die Zulassung von Pflanzenschutzmitteln ist ebenfalls durch strenge gesetzliche Vorschriften reglementiert. Die Wirkstoffe für Pflanzenschutzmittel müssen zunächst von der EU-Kommission genehmigt werden, bevor sie national zugelassen werden können. Zentrales Element dabei ist die Sicherheit für Mensch und Umwelt. Es werden nur diejenigen Pflanzenschutzmittel zugelassen, die bei bestimmungsgemäßer und sachgerechter Anwendung keine schädlichen Auswirkungen auf die Gesundheit von Mensch und Tier und auf das Grundwasser haben und von denen keine unvertretbaren Auswirkungen auf den Naturhaushalt ausgehen (https://www.bmel.de/DE/themen/landwirtschaft/pflanzenbau/pflanzenschutz/zulassung.html). Wenn Pflanzenschutzmittel mit demselben Wirkmechanismus gegen Schadorganismus zu häufig angewendet werden, dann kann ein Selektionsdruck entstehen, durch den Schadorganismen Resistenzen gegenüber Pflanzenschutzmitteln entwickeln können. Um das zu verhindern, sind geeignete Antiresistenzstrategien notwendig, wozu insbesondere auch ein breites Wirkstoffspektrum gehört (https://www.nap-pflanzenschutz.de/indikatorenforschung/indikatoren-und-deutscher-pflanzenschutzindex/deutscher-pflanzenschutzindex/verfuegbarkeit-von-pflanzenschutzmitteln). Von der EU genehmigte Pflanzenschutzmittelwirkstoffe müssen national zugelassen werden, wobei eine gegenseitige Anerkennung der Zulassungen in der EU vorgesehen ist. Dazu wurde die sogenannte „zonale Zulassung“ eingeführt. Antragsteller können für mehrere Zonen (Zone A – Norden, Zone B – Mitte, Zone C – Süden) eine Pflanzenschutzmittelzulassung beantragen. Einer der Mitgliedstaaten aus der jeweiligen Zone nimmt dann stellvertretend die Bewertung vor und die anderen erteilen auf Basis dieser Bewertung in einem verkürzten Verfahren ebenfalls die Zulassung. Dieses gemeinsame europäische Vorgehen ist sinnvoll und bietet die Chance, Bürokratie abzubauen und die kostenintensiven Zulassungsverfahren schneller und effizienter zu gestalten. Die in Deutschland zuständige Zulassungsbehörde ist das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL), welches auf Grundlage von Berichten und Stellungnahmen des Umweltbundesamts (UBA), des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) und des Julius-Kühn-Instituts (JKI) über die Zulassung entscheidet (https://www.bvl.bund.de/SharedDocs/Flyer/nach_Themen/19_Flyer_Zulassung-Pflanzenschutzmittel.pdf?__blob=publicationFile&v=14#:~:text=Vermarktet%20und%20verwendet%20werden%20darf,%3A%20Norden%2C%20Mitte%2C%20S%C3%BCden.). Immer häufiger werden an viele Pflanzenschutzmittelzulassungen in Deutschland jedoch an neue nationale Auflagen geknüpft, was einem harmonisierten Binnenmarkt für Pflanzenschutzmittel zuwiderläuft (https://www.tagesspiegel.de/advertorials/ots/industrieverband-agrar-e-v-iva-iva-rueckgang-bei-duenge-und-pflanzenschutzmitteln-haelt-an-hersteller-verkauften-im-duerrejahr-2018-deutlich-weniger-kritik-am-umweltbundesamt-fuerneue-deutsche-sonderwege-bei-zulassungsverfahren/24316996.html). Diese nationalen Sonderwege schaden auch der deutschen Landwirtschaft, die dadurch mehr und mehr an Wettbewerbsfähigkeit in Europa verliert.

Die EU-Kommission hat vor kurzem einen Verordnungsvorschlag vorgelegt, der insbesondere eine Reduzierung des Einsatzes und des Risikos chemischer Pflanzenschutzmittel um mindestens 50 Prozent bis 2030 vorsieht. In geschützten Gebieten soll der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln grundsätzlich verboten werden (https://eurlex.europa.eu/resource.html?uri=cellar:78120cfb-f5e4-11ec-b976-01aa75ed71a1.0002.02/DOC_1&format=PDF). Ohne Pflanzenschutzmittel wären aber nicht nur zehntausende bäuerliche Existenzen, sondern vor allem auch die Stabilität unserer Lebensmittelversorgung massiv gefährdet. In der Begründung des Verordnungsvorschlags wird dazu richtigerweise festgestellt, dass die Herstellungskosten je Produktionseinheit bei einer Umsetzung der Vorschläge aufgrund strengerer und ausführlicherer Aufzeichnungspflichten, des erwarteten Rückgangs der Erträge infolge einer geringeren Verwendung von Pflanzenschutzmitteln sowie zusätzlicher Kosten für jene beruflichen Anwender, die bislang keine Beratungsdienste beanspruchen, stark steigen würden (ebd., S. 16). Auf diesen zusätzlichen Mehrkosten blieben die landwirtschaftlichen Betriebe dann sitzen und müssten gleichzeitig die massiven Ertragseinbrüchen kompensieren (https://www.europarl.europa.eu/cmsdata/185760/EPRS_IDA(2019)634416_EN.pdf). Eine pauschale Halbierung des Einsatzes von chemischen Pflanzenschutzmitteln ist aber auch deshalb unverhältnismäßig, weil der Bundesregierung aktuell keine wissenschaftlich fundierten Erkenntnisse darüber vorliegen, welche Auswirkungen dies auf die Ertragssicherheit und -qualität hätte (Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion der AfD, „Wichtigkeit von Pflanzenschutzmittel für die deutsche Landwirtschaft“, BT-Drucksache 20/00568, 01.03.2022, Frage 8). Ebenfalls liegen der Bundesregierung keine wissenschaftlich fundierten Erkenntnisse darüber vor, welche ökologischen Auswirkungen die Halbierung der eingesetzten Menge von Pflanzenschutzmitteln auf die Nährstoffeffizienz hätte (Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion der AfD, „Wichtigkeit von Pflanzenschutzmittel für die deutsche Landwirtschaft“, BT-Drucksache 20/00568, 01.03.2022, Frage 9). Es ist daher unverzichtbar, dass der Verordnungsvorschlag der EU-Kommission zur Halbierung des Einsatzes chemischer Pflanzenschutzmittel nicht weiterverfolgt wird. Ein bedarfsgerechter und verantwortungsbewusster Pflanzenschutz nach guter fachlicher Praxis muss auch künftig möglich bleiben.

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