Antrag

Vertrauen schaffen, Sicherheit garantieren, Unabhängigkeit bewahren – Für einen Interessensausgleich in Europa

Berlin, 18. Februar 2022. Der Deutsche Bundestag zeigt sich besorgt über die zunehmenden Spannungen und die zunehmende Militarisierung in Osteuropa. Hier sind seit einiger Zeit sowohl russische Truppenkonzentrationen und Militärmanöver in der Nähe der ukrainischen Grenze, sowie die militärische Mobilmachung seitens der Ukraine und deren personelle, materielle wie finanzielle Unterstützung durch die Vereinigten Staaten, einzelne NATO-Mitgliedsstaaten und die Europäische Union (EU) zu beobachten. Eine Lösung der Ukraine-Krise darf zum Wohle Deutschlands und der Wahrung des Friedens in Europa nur auf dem politischen Wege erfolgen.

Die Russische Föderation hat durch die Veröffentlichung zweier Vertragsentwürfe (sog. Sicherheitsgarantien) am 17. Dezember 2021 deutlich gemacht, dass sie zum politischen Dialog basierend auf den Grundsätzen der Charta der Vereinten Nationen und des Völkerrechts bereit und an einer friedlichen Lösung interessiert ist. Die bilateralen Verhandlungen zwischen den Vereinigten Staaten von Amerika und der Russischen Föderation in Genf und die Wiederaufnahme der Gespräche im Rahmen des NATO-Russland-Rates sowie die Wiederaufnahme der Kontakte im Normandie-Format sind ein positives Zeichen, das Vertrauen schaffen kann, wenn die sicherheitspolitisch bedeutende Lage von europäischer und US-amerikanischer Seite realistisch eingeschätzt und die von russischer Seite vorgebrachten Sicherheitsgarantien als Verhandlungsangebot ernst genommen werden. Deutschland und Frankreich müssen sich für Verhandlungen im Normandie-Format mit der Ukraine und Russland engagieren, damit die Rolle der europäischen Nationen in der Ukraine-Krise nicht noch unbedeutender wird. Voraussetzung für glaubwürdige und erfolgreiche Verhandlungen im Normandie-Format ist aber, dass alle Seiten, auch die Ukraine, aufgefordert werden, die Minsker Vereinbarungen konsequent umzusetzen.

Kein Land besitzt ein Vetorecht hinsichtlich der Bündnisorientierung eines anderen. Gleichwohl ist es in der Geschichte immer wieder zu politischen Vereinbarungen zwischen Staaten gekommen, in denen das Selbstbestimmungsrecht der Völker hinter übergeordnete sicherheitspolitische Gründe zurücktreten musste (vgl. Kuba) und eine Neutralität oder Allianzfreiheit für ein Land zur Bedingung gemacht wurde (vgl. Österreich oder Finnland). Eine solche Neutralität oder Allianzfreiheit darf daher für die Ukraine nicht per se ausgeschlossen werden, sondern sollte Eingang in die Verhandlungen zwischen den NATO-Staaten und der Russischen Föderation finden. Der Deutsche Bundestag bekräftigt daher die Gültigkeit der Feststellungen im Dokument von Istanbul aus dem Jahr 1999: „Wir bekräftigen das jedem Teilnehmerstaat innewohnende Recht, seine Sicherheitsvereinbarungen einschließlich von Bündnisverträgen frei zu wählen oder diese im Laufe ihrer Entwicklung zu verändern. Jeder Staat hat auch das Recht auf Neutralität. Jeder Teilnehmerstaat wird diesbezüglich die Rechte aller anderen achten. Sie werden ihre Sicherheit nicht auf Kosten der Sicherheit anderer Staaten festigen“ (https://www.osce.org/files/f/documents/b/f/125809.pdf).

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