Antrag

Die Stadt der kurzen Wege ideologiefrei entwickeln

Berlin, 30. September 2024. Diskussionen über Lebensräume sind normaler Ausdruck der Stadtentwicklung. Carlos Moreno wird in vielen Publikationen seit 2016 der Topos „15-MinutenStadt“ zugeordnet. Im Kern geht es dem französischen Stadtplaner beim sogenannten „Chrono-Urbanismus“ darum, Räume zu erzeugen, die allen Bewohnern innerhalb einer Viertelstunde Fußweg Zugriff auf wesentliche Lebensbedürfnisse – etwa Einkauf, Gesundheitsvorsorge, Bildung, Erwerbsarbeit, Begegnung oder Erholung – gewährleisten. Es finden sich in Europa allerdings zahlreiche Vorläufer dieses Konzeptes innerhalb der letzten 100 Jahre, so als jüngeres Beispiel in Walter Gropius‘ Rede von 1947, in der dieser Großstädte durch geschlossene Nachbarschaften gegliedert sehen wollte und zugehörig entsprechende Wohnbezirke mit nicht mehr als 8.000 Menschen, die „im Allgemeinen nur Wege bis zu 15 Minuten“ erfordern würden. Freilich sprach Gropius angesichts massiver Kriegszerstörungen und eingebettet in den seinerzeit herrschenden Diskurs der autogerechten Stadtplanung.

Das oben genannte Konzept des Chrono-Urbanismus stellt hierzu die Kontrastfolie dar, denn monofunktionale Stadträume sollen durch polyzentrische ersetzt werden, die „Nähe, Vielfalt, Dichte, Allgegenwärtigkeit“ gewährleisten, Ein Motiv, das freilich in vorindustriellen Zeiten beziehungsweise organisch gewachsenen Städten Europas selbstverständlich war. Das Leitbild der kompakten und durchmischten Stadt ist in Deutschland bereits seit rund 30 Jahren Gegenstand von Diskussionen. Es sollte helfen, die Fehlentwicklungen der Nachkriegsmoderne bis in die 1980er Jahre – etwa die sogenannte aufgelockerte Stadt, monotone unwirtliche Serienbauwerke, sogenannten Brutalismus oder Großsiedlungen auf der grünen Wiese – zu beenden. Im Themenfeld der Innenentwicklung steht bei der durchmischten kompakten Stadt unter anderem Nachverdichtung gegen räumliche Expansion, Feinkörnigkeit gegen Monofunktionalität, breite Nutzungsmöglichkeiten durch die Bewohner gegen konsumorientierte Investoreninteressen.

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