Gesetzentwurf
Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Strafgesetzbuches – Geschlechtsneutrale Ausgestaltung des Exhibitionismustatbestands
Berlin, 7. April 2022. Eine exhibitionistische Handlung im Sinne des § 183 Absatz 1 StGB kann ausweislich des Wortlauts der Vorschrift nach der aktuellen Gesetzeslage ausschließlich von einem Mann begangen werden. Die Nichtpönalisierung des weiblichen Exhibitionismus wird damit begründet, dass entsprechende Handlungen von Frauen zum einen nur sehr selten vorkämen (MüKoStGB/Hörnle, 4. Aufl. 2021, StGB § 183 Rn. 5) und zum anderen von ihnen nicht im gleichen Ausmaß negative Auswirkungen ausgingen, wie dies bei exhibitionistischen Handlungen eines Mannes typischerweise der Fall sei (BT-Drucks. VI/3521, S. 53). Der Umstand, dass exhibitionistische Handlungen von Frauen nur sehr selten vorgenommen werden, ist jedoch nicht geeignet, um eine strafrechtliche Privilegierung von Frauen, und damit das Bestehen einer offensichtlichen Strafbarkeitslücke zu rechtfertigen.
Darüber hinaus besteht der Schutzzweck des § 183 Absatz 1 StGB darin, den Einzelnen vor ungewollter Konfrontation mit möglicherweise schockierenden sexuellen Handlungen anderer zu bewahren (Schönke/Schröder/Eisele StGB § 183 Rn. 1). Der Straftatbestand des § 183 Absatz 1 StGB setzt deshalb neben der Entblößung eines primären Geschlechtsorgans mit sexueller Motivation eine Belästigung voraus, die nicht nur erfordert, dass das Opfer die exhibitionistische Handlung wahrnimmt und versteht, sondern auch, dass es aufgrund der Tathandlung negative Gefühle wie Schrecken, Angst, Verärgerung, Ekel, Abscheu oder Verletzung des Schamgefühls empfindet. Der Schutzzweck des § 183 Absatz 1 StGB kann somit völlig unabhängig von dem Geschlecht der jeweils handelnden Person eingreifen (BT-Drucks. 19/19641). Die aufgezeigte Strafbarkeitslücke ist zudem umso größer, als dass die Existenz eines dritten Geschlechts mittlerweile auch vom Bundesverfassungsgericht anerkannt wird (BVerfG, Beschluss vom 10.10.2017 – 1 BvR 2019/16) und der Gesetzgeber mit der Änderung des § 22 Absatz 3 PStG sowie der Einführung des § 45b PStG diese Rechtsprechung auch umgesetzt hat (BT-Drucks. 19/4669). Somit besteht die Möglichkeit, dass neben Frauen, auch Personen, die sich dem diversen Geschlecht zuordnen, exhibitionistische Handlungen vollziehen, ohne dass dies jedoch nach § 183 Absatz 1 StGB sanktioniert werden könnte. Die dargestellte Problematik hinsichtlich dieses Straftatbestandes wurde nicht nur von der Reformkommission zum Sexualstrafrecht bereits zum Teil erkannt und in ihrem Abschlussbericht dargestellt (www.bmjv.de/SharedDocs/Downloads/DE/Service/StudienUntersuchungenFachbuecher/Abschlussbericht_Reformkommission_Sexualstrafrecht.pdf?__blob=publicationFile&v=1), sondern auch die Bundesregierung räumte mittlerweile ein, dass die Notwendigkeit besteht, die Ausgestaltung von § 183 StGB zu überprüfen (BT-Drucks. 19/19641). Entsprechende Schritte zur Schließung der dargelegten Strafbarkeitslücke sind bislang jedoch unterblieben.
B. Lösung: Zur Lösung der aufgezeigten Problematik und Schließung der bestehenden Strafbarkeitslücke soll § 183 StGB geschlechtsneutral ausgestaltet werden, so dass jede Person, unabhängig von dem Geschlecht dem sie sich zuordnet, bei Begehung einer exhibitionistischen Handlung nach dieser Vorschrift sanktioniert werden kann.