Pressemitteilung

Martin E. Renner: Erinnerung – Vor 100 Jahren wurde der Friede von Brest-Litowsk geschlossen

Berlin, 2. März 2018. Der Bundestagsabgeordnete Martin E. Renner erinnert an den Friedensschluss vom 3.3.1918 zwischen den Mittelmächten und Sowjetrussland:

„Der Friedensvertrag von Brest-Litowsk gilt heute – sofern er hierzulande überhaupt noch erinnert wird – als ein Diktatfriede, erzwungen vom deutschen Militarismus und reiner Ausdruck deutschen Expansionsstrebens. In der heutigen deutschen Erinnerungskultur wird nicht selten der spätere Versailler Vertrag durch das deutsche Vorgehen in Brest-Litowsk gerechtfertigt: Ein Diktat als Antwort auf ein vorheriges Diktat. Doch wie so oft geraten bei der moralisierenden Geschichtsbetrachtung entscheidende Details aus dem Blick.

So arrondierte das Deutsche Reich keineswegs das eigene Territorium. Die anfängliche Forderung bestand darin, den zum Russischen Reich gehörigen Provinzen Polen, Litauen und Livland die Unabhängigkeit einzuräumen. Die Sowjets unter der Führung Trotzkis traten selbst mit der Forderung nach dem Selbstbestimmungsrecht der Völker an. Sie waren jedoch nicht wirklich bereit, dieses für Völkerschaften im Russischen Reich zu akzeptieren. So schloss die kurz zuvor begründete Volksrepublik Ukraine einen Separatfrieden mit den Mittelmächten ab. Und auf Trotzkis Taktik, die Verhandlungen zu verschleppen, reagierte das Deutsche Reich mit dem Vormarsch und der gleichzeitigen Anerkennung der Unabhängigkeit Finnlands, Estlands und der Ukraine vom Russischen Reich.

Auf allen Seiten waren damals machtpolitische Nebenabsichten im Spiel. Immer ging es um Einfluss oder die Schwächung der konkurrierenden Macht, doch die in Brest-Litowsk von Deutschland durchgesetzte politische Landkarte ähnelt doch den heutigen Verhältnissen in auffallender Weise. Finnland, die baltischen Staaten Estland, Lettland und Litauen, Polen und die Ukraine, selbst Weißrussland sind heute unabhängige Staaten und Ausdruck des Selbstbestimmungsrechts der Völker. Der Anfang wurde vor genau 100 Jahren gesetzt. Das sollte bei aller Schmähung des Vertrags nicht übersehen werden.“

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